Vor ein paar Monaten war ich mit einer ganz lieben Klasse unterwegs, die in Carnuntum mehrere Abenteuertage verbracht hat. Im Rahmen unseres Wandertages hatten wir also Zeit, auch abseits des Freilichtmuseums auf Erkundungstour zu gehen. So verschlug es uns zum Schüttkasten des Schlosses Petronell.
Dieser wurde laut einer Inschrift 1761 errichtet und diente der Herrschaft Abensperg und Traun als Getreidespeicher. Aus literarischen Quellen ist bekannt, dass dieser Funktionsbau auf römischen Resten erbaut wurde. In der Fassade sind, ebenso wie in anderen Gebäuden innerhalb der Ortschaft, römische Steine vermauert. Diese werden regelmäßig im Rahmen einer Spolienführung unter die Lupe genommen. Die Schüler erhielten einen kleinen Auszug aus diesem neuen Besucherprogramm und gemeinsam ging es ans Lesen der Grabsteine und Altäre.
Als wir versunken auf die Zeitdokumente starrten, sprach uns plötzlich ein weißhaariger Herr an. Er fragte uns, ob wir Interesse hätten, auch ins Innere des Schüttkastens vorzudringen. Ich war zwar völlig verblüfft über diesen Vorschlag, nahm ihn aber gerne an. Denn seit 10 Jahren arbeite ich nun in Carnuntum, aber im Schüttkasten war ich bis dato noch nicht gewesen.
Wie sich herausstellte, stand Graf Carl Abensperg-Traun persönlich vor uns und zog einen Schlüssel aus seiner Tasche hervor, der einem Märchen entsprungen sein könnte. Neugierig traten wir durch das große Tor in den mehrgeschossigen Bau und erklommen eine Holztreppe. Unter unseren Füßen befand sich ein alter Holzboden, der durch die Säfte des ursprünglich hier gelagerten Getreides gefärbt war. An den Wänden waren große Stempel zu erkennen. Diese, so schilderte uns Graf Abensperg-Traun, stammen von den Getreidesäcken, welche ihrem Besitzer entsprechend gekennzeichnet waren, denn Jute war damals sehr teuer. Daher war jeder bedacht darauf, seine Jutesäcke nach Auslieferung auch wieder zurück zu bekommen. Äußerst anschaulich erklärte uns der Besitzer der einstigen Herrschaft von Petronell die Getreideverarbeitung und ließ uns einen Hauch vergangener Zeit spüren. Derzeit wird dieses denkmalgeschützte Gebäude renoviert und soll demnächst für Veranstaltungen gebucht werden können.
Wer mehr über den Grafen und seine Beziehung zu Carnuntum erfahren möchte, kann ein Interview in dem neuerschienenen Buch „Carnuntum erzählt. Menschen hinter Carnuntum“ von Klaus Ebenhöh und Niki Gail nachlesen.