Fortsetzung der Serie namens „Aus dem Tagebuch eines Archäologen”, die einen Einblick gewährt in jene archäologischen Abenteuer, mit denen nicht einmal Indiana Jones konfrontiert ist:
Budapest-Konferenz oder das Mysterium des U-Bahntickets (Budapest, 09.03.2013)
Am Mittwoch brachte uns die Sparschiene der ÖBB nach Budapest. Meine Kollegin und ich präsentierten dort unsere Projektergebnisse in Form eines Posters:
Gleich nach der Ankunft an dem schönen alten Bahnhof trappeln wir zu einem Kiosk und verlangen dort ein Carnet mit 10 Fahrscheinen zum Umsteigen. Obwohl auf unseren Vorab-Infos ein Preis mit 3500 HUF angegeben war kosteten die 10 Tickets 3000 HUF. Da meine Freundin gut Ungarisch spricht und ein Ticket ja 350 HUF kostet, kam uns das nicht komisch vor; Sonderpreis eben wenn man gleich 10 kauft…
Nach der Ubahn-Fahrt wollen wir in den Bus einsteigen. Aber wo bloß? Plötzlich kommt ein Bus und meine Freundin fragt den Fahrer, wo denn die Busse 44 und 45 halten. Er zeigt auf die andere Straßenseite und wir benutzen die Unterführung. Wir sehen gerade noch die Rücklichter vom 44-Bus. Dann kommt aber sogleich der 45er und wir wollen einsteigen. Der Fahrer brabbelt irgendwas und hindert uns daran. Aha, scheinbar ist das die Endstation, wir sollen zur Einstiegstelle. Aber wo ist die denn? Da wir das nicht wissen, verfolgen wir mit unseren Trolleys in Händen und den Postern über den Schultern den 45er. Ein Bild für Götter! Er wartet bei der Ampel, biegt ab, fährt rechts ran, schert dann wieder aus und fährt bis ans andere Ende dieses „Kreisverkehrs“. Schnaufend besteigen wir endlich den Bus und dann macht der Fahrer erst mal Pause *grrrrr*
Gut, wenigstens können wir nicht in die falsche Richtung fahren weil es ist ja die Endstation. Wir haben uns zwar brav alle Konferenz-Vorab-Infos ausgedruckt, hatten aber beide so einen Stress, dass wir uns nicht zusätzlich noch über die Gegebenheiten informiert haben. Der Infozettel sagte, nach einer Station sollen wir aussteigen und genau vis a vis ist das Hotel. Der Bus fährt nach 15 Minuten Rauchpause endlich an und überquert den Busbahnhof. Gut, das zählt wohl nicht als erste Station. Die nächste also. Wir steigen bei der zweiten Station aus. Vor uns eine Kirche. Wir starren uns an und sagen gleichzeitig „Kirchenasyl?“. Nein, es muss dieses Containerdorf auf der gegenüberliegenden Seite sein. Dort aber kein Eingang. Hmmm., sieht komisch aus, sehr dunkel, hoffentlich ist es das nicht… Dort steht zum Glück ein Typ auf der Straße und raucht. Meine Kollegin fragt ihn nach der Adresse unseres Residence Centers. Er zückt sein Handy und gibt in Google Maps die gesuchte Adresse ein – neumodische Technik, diesmal ein Segen.
Wir müssen die Straße entlang gehen und dann ist es auf der rechten Seite, aber es ist noch recht weit. Wir schon völlig ko hatschen also mit unserem Gepäck die Straße entlang und tatsächlich nach Ewigkeiten (so kam es uns jedenfalls vor) taucht das Residence Center auf der rechten Seite auf. Und was ist genau davor, die Busstation *grrr* Drei Stationen statt einer!
Am nächsten Morgen besteigen wir den Bus und zwicken unsere Tickets. Nach drei Stationen steigen wir in die Metro um und fahren 6 Stationen. Wir fahren mit der Rolltreppe rauf und schon stehen da drei Kontrolleure. Meine Freundin geht links durch die Absperrung, ich rechts. Freundlich lächelnd strecke ich der Dame mein Ticket entgegen. Sie nimmt es, beäugt es und sagt was auf Ungarisch. Ich erkläre, dass ich sie nicht verstehe und bitte um eine englische Wiederholung. Sie tut es, wenn auch nur in gebrochenem Englisch und meint, ich habe das Ticket im Bus gezwickt, denn es hat 3 Löcher. Ich sage „ja, das habe ich“. Darauf brabbelt sie irgendwas und die Diskussion beginnt. Lange Rede kurzer Sinn, obwohl mir meine Freundin zu Hilfe kommt und ihr erklärt, wir haben dieses Ticket zum Umsteigen gekauft, bleibt sie hartnäckig und will mir eine Strafe wegen Schwarzfahrens aufbrummen. Als ich Einspruch erhebe weist sie nur auf die drei bewaffneten Polizisten. Auf dem Ticket würde hinten draufstehen, dass man nicht umsteigen darf. Das ist richtig fies, denn es steht „uninterrupted trip, 60 minutes“, was für mich eine Fahrt in eine Richtung ist, die max. eine Stunde dauern darf, egal wie viele Verkehrsmittel ich benötige. Fürs Umsteigen gibt es ein anderes Ticket. Verrückt ist, dass meine Freundin der anderem Kontrolleurin das gleiche Ticket gezeigt hatte, aber ohne Probleme passieren durfte. Auch sind in der Zwischenzeit zahlreiche Personen ohne Ticket durchgelaufen. Diskutieren bringt überhaupt nichts, ich muss die Strafe bezahlen. Umgerechnet 29 Euro, was für Ungarn unfassbar hoch ist.
Als die Tickets aufgebraucht sind verlange ich diesmal am offiziellen Ubahn-Schalter ein Ticket um 350 HUF, eines, mit dem man eben umsteigen darf. Tja und man rate mal…. Auf diesem Ticket steht hinten genau das Gleiche drauf!!!
Fazit: Niemand hat uns gesagt, dass es keine Tickets zum Umsteigen gibt – weder die Dame beim Kiosk noch die Kontrolleurin oder die Ubahnangestellte.
Und man rate nochmal: Ja, wir wurden nie wieder kontrolliert. Nur dieses eine Mal und da wurde ich zur Kasse gebeten.
Die ungarischen Kollegen haben mir alle gesagt, sie hätten noch nie gezahlt; das müsse eine Touristenabzocke gewesen sein. Fies!!
Bislang war ich von Ungarn so begeistert. Nette Leute, gutes Essen – aber Budapest ist anders.
Schade, dass mir das gleich am ersten Tag passiert ist, denn das hat meine Meinung über Budapest natürlich massiv beeinflusst. Viele andere Leute waren sehr freundlich und zuvorkommend, aber die Ubahn-Tante halt nicht. Hoffentlich läuft es beim nächsten Mal besser….
Edit: Während der CEU Summer School 2014 ist einer Kollegin etwas ähnliches passiert:
Bei Besteigen des Busses steckt meine Kollegin ihr 1-Fahrt-Ticket in den Entwerter und unterhält sich aufgeregt mit uns, denn sie hat ihr Gepäck in unserem Konferenzbus vergessen. Leider hat sie nicht bemerkt, dass der Entwerter, wie schon oftmals zuvor, das Ticket nicht gezwickt hat. Ein Mann, der neben mir stand und uns die ganze Zeit beobachtet hat, gibt sich als Kontrollor zu erkennen und will das Ticket meiner Kollegin sehen. Für die Tickets der restlichen Gruppe interessiert er sich nicht. Meine Kollegin zeigt ihm das Ticket und er will ihr eine Strafe geben, weil das Ticket nicht entwertet ist. Wir beginnen zu diskutieren, er bleibt unbeirrbar und ruft schließlich die Polizei. Die Polizei bemüht sich sehr, die Sache zu klären, aber der Kontrolleur bleibt uneinsichtig und besteht auf der Strafe.
Mein persönliches Fazit ist: Ich kaufe mir nur mehr Wochentickets für Budapest, denn leider funktionieren nicht alle Entwerter und Diskutieren bringt überhaupt nichts.