Im Rahmen meiner Fremdenführerausbildung bin ich neulich durch die Stadt geschlendert und habe mir Kirchen der Wiener Innenstadt angesehen. Dabei ist mir eine Kirche besonders ins Auge gesprungen: die Minoritenkirche
Ihr Grundstein wurde von König Ottokar II. Premysl (ca. 1232–1278) gelegt und damit gehört sie zu den ersten gotischen Kirchen Ostösterreichs. Seinen Tod fand Ottokar in der legendären Schlacht auf dem Marchfeld 1278 gegen den Habsburger Rudolf I. Im Streit um die Krone des Heiligen Römischen Reiches hatten sich die Wiener auf die Seite des ungarischen Ottokars gestellt. Zur Demoralisierung der Bevölkerung wurde Ottokars Leichnam daher 30 Wochen lang im Kapitelsaal des Klosters ausgestellt. Dies sollte den Wiener deutlich vor Augen führen, dass sie sich dem falschen Herrscher angeschlossen hatten und gleichzeitig den Beginn der Habsburgerherrschaft in Österreich zementieren.
Obwohl es sich bei den Minoriten um einen Bettelorden handelt, weist die Kirche repräsentative Details auf, wie beispielsweise einen Turm statt einem einfachen Dachreiter. Auch das Innere erinnert an französische Kathedralarchitektur.
Heute untersteht die Kirche dem Patrozinium „Maria Schnee“ und gehört der Italienischen Kongregation. Dies erfolgte 1784, nachdem die Minoriten die Kirche 1782 aufgrund der Reformen von Joseph II., Sohn von Maria Theresia, das Kloster verlassen mussten.
Blickt man sich im Inneren der Kirche um, so fällt einem sofort die Mosaikkopie von Leonardo da Vincis letzten Abendmahl auf, das sich an der nördlichen Langhauswand befindet. Sie wurde ursprünglich für Napoleon angefertigt, aber erst nach seinem Sturz beendet. Daher kaufte sein Schwiegervater Kaiser Franz II/I. das Mosaik und überließ es der Minoritenkirche, nachdem es für den ursprünglichen Anbringungsort im Belvedere zu groß war.
Ein temporär ausgestelltes Kunstwerk ist die sizilianische Weihnachtskrippe. Italienische Krippen (Presepi) zeichnen sich durch immense Detailverliebtheit aus. Kostbare Stoffe, bewegliche Figuren und porträthafte Gesichtszüge versetzen den Betrachter in Staunen. Eingebettet in diverse Alltagsszenen sind die Heilige Familie in einer Höhle zu sehen. In der Mitte schlendert ein Paar auf den markt zu, wo Verkäuferinnen Obst und Gemüse feilbieten. In den Häusern wird gekocht, Feuerstellen knistern vor sich hin und eine Frau lässt einen Korb vom Balkon herunter. Bis Maria Lichtmess (= 2.2.2019) ist die Krippe noch aufgestellt und es zahlt sich wirklich aus, dieses einmalige Kunstwerk am Wiener Minoritenplatz zu besuchen (weitere Fotos).
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