Nach der Villa des Maxentius und dem Grabmal der Cecilia Metella schlenderten wir die Via Appia Antica weiter stadtauswärts und gelangten zu Capo di Bove. Capo di Bove meint das gesamte Anwesen an der Via Appia 222, welches im 2. Jh. n. Chr. in Besitz von Herodes Atticus und seiner Frau Aspasia Annia Regilla war. Der Name war ab dem Mittelalter gebräuchlich und kommt von dem Bukranienfries (Stierschädeln), das sich am Grabmal der Cecilia Metella befindet, welches ca. 500 m vom Anwesen entfernt steht.
Herodes Atticus:
Voller Name: Lucius Vibullius Hipparchus Tiberius Claudius Atticus Herodes (* 101; † um 177 in Marathon), griechisch-römischer Redner, Politiker und Mäzen, div. Bauten und Stiftungen durch väterliches Erbe, div. Ämter in Athen und im römischen Reich
139 n. Chr. heiratete der 40-jährige Herodes Atticus die vierzehnjährige Aspasia Annia Regilla, eine Verwandte von Kaiserin Faustina der Älteren, Frau von Antoninus Pius. Durch diese Verschwägerung wurde er 140 n. Chr. Lehrer der zukünftigen Kaiser Lucius Verus und Marc Aurel und 143 n. Chr. römischer Konsul. Mit Regillas Mitgift kauften die beiden den gesamten Grund zwischen der dritten und vierten Meile an der Via Appia.
Das Anwesen von Herodes Atticus und Annia Regilla:
Die Fläche umfasste etwa 8500 m2. Zu diesem herrschaftlichen Sitz gehörten Weideland, Olivenhaine, Wein- und Obstgärten, Getreidefelder, Siedlungen für die Landarbeiter und ein geheiligter Ort für Nemesis und Minerva. Ferner sind ein Haupthaus mit 3 Ebenen und ein Nebenhaus nachgewiesen. Bei Ausgrabungen zwischen 2003 und 2005 wurden nach Entfernung der Weingärten antike Privatthermen von 1.400 m2 Größe entdeckt. Sie wurden in der Mitte des 2. Jhs. n. Chr. erbaut und waren mit großen Schwarz-Weiß-Mosaiken ausgestattet, die bei unserem Besuch leider noch mit winterfesten Planen bedeckt waren.
160 n. Chr. starb Annia Regilla in Griechenland, als sie ihr 6. Kind erwartete. Ihr Bruder klagte Herodes an, er hätte ihre Ermordung in Auftrag gegeben. Es kam zu einem Prozess, der mit einem Freispruch endete. Jedoch fiel Herodes nach Regillas Tod durch übertriebene Trauerbekundungen auf, mit denen er vermutlich seinen Namen „reinwaschen“ und so seine Besitztümer schützen wollte. Beispielsweise ist bekannt, dass er nach Regillas Tod am gesamten Besitz Tafeln aufstellen ließ, mit folgendem Wortlaut: „Annia Regilla, Frau des Herodes, Licht des Hauses, der diese Güter gehören“. Ein solches Bruchstück wurde während der Thermengrabungen gefunden und zeigt: „Regilla, Licht des Hauses“ wodurch die einstigen Besitzer gesichert sind.
Ferner war Regilla zu Lebzeiten eine gewählte Demeter-Priesterin. In dieser Funktion war sie 150 n. Chr. bei den 233. Olympischen Spielen übrigens als einzige (!) Frau anwesend. Nach ihrem Ableben weihte Herodes ihr zu Ehren einen Hain für die Göttin Ceres (= griech. Demter). Gleichzeitig wurde sein Anwesen in Triopo umbenannt, abgeleitet vom thessalischen König Triopos, der in einem heiligen Hain der Demeter gelebt haben soll. Heute ist der Ceres-Tempel in die Kirche Sant’Urbano integriert, aber ebenso wie das Scheingrab für Regilla nicht zugänglich.
Nachnutzung:
Die Ausgrabungen im Privatbad wiesen eine Nutzung bis ins 4. Jh. nach. Möglicherweise war das Bad zu diesem Zeitpunkt im Besitz eines Kollegiums oder einer anderen Organisation kulturellen oder funeralen Zwecks. Hinweise deuten auf einen langen Gebrauch des Thermenbereichs bis in spätmittelalterliche Zeit, jedoch im Sinne einer landwirtschaftlichen Nutzung, als das Anwesen zum Patrimonium Appia gehörte (päpstlicher Besitz).
1302 kaufte es Kardinal Francesco Caetani, Neffe des Papstes Bonifacius VII. Im 17. Jh. diente das Areal als Spital. Im sog. Catasto Gregoriano, der zwischen 1816 und 1835 zwecks Volkszählung angelegt wurde, ist die Anlage als „Haus zum Weinanbau“ gelistet und gehörte zum Besitz des Klosters San Paolo fuori le mure. Nach Ankauf durch den italienischen Staat 2002 wurden die Ausgrabungen im Thermenbereich durchgeführt und der Garten komplett revitalisiert.
Im einstigen Nebenhaus befinden sich heute Büros der Soprintendenza. Es steht direkt über einer römischen Zisterne und wurde zwischen 1943 und 1945 in eine Villa umgestaltet. In der Fassade sind verschiedene römische Steine verbaut, so Wasserrohre aus den Thermen rund um die Fenster.
Der Besuch der Anlage, die täglich von 09:00–17:00 Uhr geöffnet ist, ist gratis und die Mitarbeiter geben bereitwillig und voller Leidenschaft ausführlich Informationen zur Ausgrabung. Im Ausstellungsbereich ist der Nachlass von Antonio Cederna (1921–1996) präsentiert, der sich intensiv mit der Via Appia Antica und ihrer Erhaltung beschäftigt hat. Ferner gibt es einige spannende Filme und Rekonstruktionsvideos zu den Gebäuden der Via Appia im Wandel der Zeit. Im Shop sind einige interessante Bücher zur Via Appia und ihrer Monumente kostengünstig zu erwerben, die zu langen Spaziergängen und weiteren Besichtigungen animieren.
Quellen:
Reisebericht im Rom-Forum Roma Antiqua
Soprintendenza Speciale per il Colosseo, il MNR e l’area archeologica di Roma
Via Appia Antica
Wikipedia
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