Zeitgenössische Kunst ist ja nicht gerade mein Steckenpferd. Motiviert durch Kollegen aus meinem Zertifikatskurs „Kulturvermittlung“ wollte ich mich auch einmal in dieses Feld vorwagen. Für dieses Experiment habe ich das Essl Museum ausgewählt, an dem ich schon so oft vorbeigefahren bin, dass es “der guten Ordnung halber” auch einmal von innen zu betrachten war. Leider wurden an diesem Tag keine Führungen angeboten, die einen Neuling wie mich in dieses Thema einführten. Mutig wagte ich mich also alleine in die Ausstellungen und begegnete ihnen mit Offenheit und absolut ohne Hintergrundwissen.
Die Räumlichkeiten bieten eine freundliche und helle Atmosphäre, in welcher die Kunstwerke wirken können. Die großzügige Hängung ermöglichst selbst großen Besuchergruppen, Bilder ungestört betrachten zu können. Ein kurzer Thementext am Eingang jeder Ausstellung gibt eine Überblicksinformation, in welchem Umfeld die Werke entstanden sind.
In „Aboriginal Art“ (30.01.2015-16.08.2015) wird eine Kunstform präsentiert, die in ihren Ursprüngen von temporärem Bestand war (z. B. Malereien im Sand). Nun auf Leinwänden und Baumrinden verewigt wurde sie zum beweglichen Kulturgut („Reisende Bilder“), um in der westlichen Welt bestehen zu können und die Kultur der australischen Ureinwohner zu vermitteln. Landschaften, Motive aus Körperbemalungen und Figuren laden den Besucher ein, zu verweilen und in eine fremde Welt einzutauchen. Durch das fehlende Hintergrundwissen war es mir möglich, mich den Bildern unvoreingenommen zu widmen. „Der Druck, etwas verstehen/sehen/erkennen zu müssen“ war nicht gegeben. Einige der Bilder haben eine extrem starke Anziehungskraft, die deutlich spürbar ist – auch jetzt noch, wo ich bereits zuhause am Computer sitze.
In der Ausstellungshalle wird eine Retrospektive zu „Peter Pongratz“ (18.03.2015-07.06.2015) gezeigt. Neben einem Introtext werden auch Leihtexte geboten, mit denen man durch die Abteilungen gehen kann. Hierdurch erhält man einen Anhaltspunkt, unter welchem Einfluss Peter Pongratz diese Bilderserien entstehen ließ. In einem 50-minütigen Film spricht der Künstler selbst über sein Werk. Unter anderem meint er, seine Bilder würden etwas Düsteres ausstrahlen, das er selbst gar nicht darin unterbringen möchte. Es passiere einfach. Die Betrachter würden das zwar nicht sehen, aber spüren. Daher ist er kein Erfolgsmaler.
Dieses Zitat bringt auf den Punkt, wie ich seine Kunst empfunden habe. Unter den fröhlichen, kindlichen Formen schlummert etwas Unerklärliches, das komplett im Widerspruch zu den heiteren Farben steht.
In „Die wilden Jahre“ (18.03.2015-31.05.2015) werden einige selten gezeigte Bilder der frühen 80-er Jahre gezeigt. Dieser Ausstellungsbereich befindet sich direkt neben Gastro und Shop. Letzterer hat einige sehr interessante Kunstvermittlungsbücher im Angebot, mit denen Kinder spielerisch Kunst erfahren können.
Fazit: Wer Lust auf ein Abenteuer hat und bereit ist, sich mit Kunst auseinander-zusetzen, auch wenn er sie nicht versteht, der kann die Ausstellungen ohne Führung besuchen. Meine Empfehlung wäre: zuerst alleine durchgehen und die Kunst wirken lassen, dann eine gemütliche Kaffeepause einlegen und nochmals mit einer Führung durchgehen.
Tip: Hungrige kommen beim „Kunstfrühstücken“ im Essl Museum auf ihre Kosten. Vor Kunstwerken wird anregend diskutiert, anschließend geht es ins Atelier, um die Kreativität selbst ausleben zu können – und dazwischen wird auch für das leibliche Wohl gesorgt.
Die nächsten Termine sind: 30.05., 01.06. und 02.06. jeweils 10:00h zum Thema „Die wilden Jahre“
Felicitas
Danke für den Tipp! Möchte mir unbedingt die “Aboriginal Art” ansehen, wusste aber nicht, ob es was bringt, ohne Führung hinzugehen.
davdn
Präsentation/Ausstellung
7.10
Vermittlung
3.70
Freundlichkeit Personal
5.70
Facilities/Service
6.80
Preis-/Leistungsverhältnis
5.90
Moderne Kunst mit spärlicher Vermittlung. Wahrscheinlich soll das so sein. Eine Welt, mit der ich mich nicht wirklich anfreunden kann.