Mit der stündlich verkehrenden Circumvesuviana Poggiomarino – Neapel ging es von Pompei direkt nach Napoli Porta Nolana. Nach einem Fußweg von etwa 20 Minuten erreichten wir die Piazza San Gaetano mit den beiden Eingängen in das unterirdische Neapel. Beide haben Werbeplakate mit der Bezeichnung Napoli Sotterranea, was etwas verwirrend ist, weil es sich um zwei unterschiedliche Anbieter und zwei unterschiedliche Komplexe handelt. Wir besuchten zuerst Napoli Sotterranea mit dem Aquädukt, da wir gerade rechtzeitig zur Führung kamen. Der Eingang befindet sich neben einer Limoncello-Fabrik, deren Besuch äußerst empfehlenswert ist. Die Besitzer lassen Gäste in die Produktionstöpfe sehen und geben Kostproben.
Aber zurück zu Napoli Soterranea: Von 10h–18h beginnen täglich alle zwei Stunden englische Führungen, eine individuelle Besichtigung ist nicht möglich. Eine Jacke und geschlossenes Schuhwerk ist empfehlenswert, denn über viele Stufen geht es über 20 m in die Tiefe. Man geht durch unterirdische Tunnel, die in Kriegszeiten als Fluchttunnel genutzt wurden. Nur zwei Mal muss man durch enge Gänge durch, sonst sind die Räume sehr hoch und geräumig, sodass selbst ein Klaustrophobiker keine Probleme hat. Wer das griechisch-römische Aquädukt sehen möchte, muss im Gänsemarsch mit einer Laterne durch einen sehr langen und schmalen Gang gehen. Dieser Teil ist optional, man kann auch die ca. 10 Minuten in einem großen Raum warten bis die Gruppe wieder zurückkommt. Ich habe mich getraut und es zwischenzeitlich bereut. Es ist wirklich sehr eng, gerade mit dicker Jacke und Umhängetasche. Der Gang ist nur hüftbreit, gelegentlich musste ich auch seitlich gehen, um weiterzukommen. Wer den Weg beginnt, muss ihn bis zum Ende durchgehen, es gibt keine Umkehrmöglichkeit. Am Ende dieser Ausnahmesituation sieht man die wassergefüllten Zisternen. Über viele Stufen geht es wieder an die Oberfläche mit einem Raum, der mit diversen Objekten des 2. Weltkriegs bestückt ist, währenddessen die unterirdischen Tunnel als Versteck genutzt wurden. Die Stadt Neapel wurde durch Bomben stark zerstört und es gab einfach keinen Wohnraum für die heimatlos gewordenen Familien. Sie lebten noch viele Jahre nach Kriegsende in diesen Gängen, weil sie keine andere Unterkunft hatten.
Wieder zurück an der Oberfläche geht man ein kurzes Stück durch die Stadt und gelangt an eine unscheinbare Türe. Dahinter befindet sich eine winzige Wohnung, die nun als Museum dient. Per Zufall wurde darin nämlich ein Abgang in die Tiefe gefunden. Die Bewohner nutzten die unterirdischen Räume als Keller, der allerdings die Reste des römischen Theaters beherbergt. Nach einem weiteren Fußmarsch durch die Stadt kommt man zum letzten Abschnitt der Tour. In einen weiteren Raum sind kunstvolle Krippen (il presepe) ausgestellt. Neben religiösen Figuren tummeln sich auf den Kulissen Pizzabäcker, Obsthändler und Marktstandler.
Nach einer kulinarischen Stärkung sahen wir uns noch die anderen unterirdischen Gebäude an der Piazza Gaetano an. Der Eingang zu Napoli Sotterranea Complesso San Lorenzo Maggiore mit Ticketschalter befindet sich direkt neben der Kirche. Einlass ist täglich von 9:30–17:30h, die Besichtigung erfolgt individuell. Führungen gibt es nicht, aber man kann sich per Wlan einen kostenfreien Guide mit Videos aufs Smartphone laden. Zu besichtigen ist ein Handwerkerviertel bestehend aus mehreren Gebäuderesten von Handwerker- und Händlerhäusern (macellum) und römische Pflasterstraßen. Es ist etwas schwierig zu erkennen, worum es sich genau handelt und welche Mauer nun wo dazugehört. Dennoch ist es beeindruckend weil es sehr weitläufig ist. Oberirdisch sind noch einige Prunkräume des Kirchenkomplexes zu besuchen.
Fazit: Beide unterirdischen Anlagen zu besuchen, fand ich persönlich zu viel. Will man einen Eindruck vom unterirdischen Neapel gewinnen, so empfiehlt sich der Besuch der Gebäude unter San Lorenzo Maggiore. Man sieht nämlich römische Gebäudereste, währenddessen an dem anderen Punkt nur unterirdische Gänge und ein Wasserreservoir zu sehen sind. Außerdem ist man zeitlich ungebunden und kann jederzeit die Besichtigung abbrechen statt 2h an die Gruppe gebunden zu sein.
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