Denkt man an römische Kaiser, so kommt einem nicht zwangsweise Serbien in den Sinn. Tatsächlich stammen aber 17 römische Kaiser aus dem heutigen Serbien, wobei zweifelsohne Konstantin der Große der berühmteste von ihnen ist. Aus diesem Grund wurde ein touristisch-archäologisches Projekt namens „Itinerarium Romanum Serbiae“ ins Leben gerufen. Auf der 600 km umfassenden „Roman Emperors Route“ werden wichtige römische Ausgrabungsstätten miteinander verbunden und so unter anderem den Geburtstorten dieser herausragenden Herrscher gedacht. Einen dieser Orte, den vermutlichen Sterbeort des Kaisers Hostilian, habe ich neulich besucht: Viminacium
Viminacium ist von moderner Überbauung verschont geblieben und verfügt somit über außergewöhnlich gut erhaltene Befunde. Ab dem 1. Jahrhundert besiedelt, erreichte die Stadt unter Hadrian den Status eines municipium sowie einer colonia unter Gordian III und war überdies Hauptstadt der Provinz Moesia Superior. Ferner besaß sie das Münzrecht und war im 4. Jahrhundert Bischofsitz, was ihre Wichtigkeit unterstreicht. Die Siedlung erstreckte sich auf etwa 72 Hektar. Sie verfügte über ein Amphitheater, welches 12.000 Personen Platz bot und zum Teil den natürlichen Geländeabfall nutzte. Anfang des 2. Jhs. in Holzbauweise erstellt, wurde es im Laufe des 2. Jhs. als Steinbau neu errichtet. Ende des 2. Jhs. erfuhr es Umgestaltungen als die Stadtmauer erbaut wurde. Es bot etwa 7.000 Personen Platz, welche sich an Gladiatorenspielen und Tierhetzen erfreuten. Zeugen dieser grausamen Schauspiele sind die Skelette eines Bären und eines Kamels, welche während der Ausgrabungen freigelegt wurden.
Gleich daneben befanden sich die kostbar mit Malereien, Mosaiken und Marmor ausgestatteten Thermen. Diese wurden im frühen 2. Jh. mit drei Badebecken angelegt und in der zweiten Hälfte des 3. Jhs. auf fünf erweitert. Neben- und Umkleideräume sowie eine Latrine komplettierten den Bau. Die Ziegel für die Errichtung waren unter anderem mit Stempel der Legio VII Claudia versehen, welche in Viminacium stationiert war.
Diese Legion von 6.000 Fußsoldaten wohnte in einem 443 x 387 Meter umfassenden Legionslager. Erhalten hat sich davon das Nordtor (porta praetoria), welches aus massiven Steinquadern erbaut war und über zwei Durchgänge verfügte.
Rund um die Siedlung wurden 13.500 Gräber freigelegt, welche mit reichen Grabbeigaben ausgestattet waren. Neben einfachen Erdbestattungen und Ziegelgräber wurden auch Sarkophage und größere, dekorativ bemalte Grabbauten freigelegt. Darunter wurde auch ein Mausoleum entdeckt, welches mit hoher Wahrscheinlichkeit Kaiser Hostilian zuzuweisen ist, welcher 251 n. Chr. verstarb.
Alle diese beeindruckenden Zeitzeugen sind heute Teil eines archäologischen Parks und können täglich besichtigt werden. Im Shop kann eine kleine Broschüre um 50 Dinar erworben werden, welche bei der individuellen Besichtigung sehr hilfreich ist. Einige Bereiche, wie zum Beispiel die Domus Scientarium oder das Mausoleum, sind nur im Rahmen einer Führung zu sehen. Führungen finden auf Serbisch und Englisch jeweils zur vollen Stunde statt und kosten 500 Dinar. Sie dauern etwa 2 Stunden, wobei die Länge primär durch die Wegstrecke zustande kommt, welche jedoch mit einem golfwagenähnlichem Gefährt zurückgelegt wird. Ferner sind gegen Voranmeldung Arrangements mit römischen Snacks buchbar.
Wer tiefer in die archäologischen Befunde eintauchen möchte, der sei auf die umfassende E-Bibliothek auf der Homepage von Viminacium verwiesen. Dort können zahlreiche Artikel, Reihen und sogar Monografien heruntergeladen werden, die zum Teil auch auf Englisch verfasst sind.
Wichtiger Anreisetip: Die Anreise war in unserem Fall etwas umständlich weil wir mit der Offline-Karte „HEREWeGo“ gefahren sind, welche uns bei der Eingabe „Viminacium“ umgehend den archäologischen Park vorschlug. Diese App hat uns zwar in die Nähe geführt, doch die Endkoordinaten zeigten mitten in ein Kieswerk. Der Routenplaner auf der Homepage des archäologischen Parks zeigt exakt den gleichen Platz. Daher unbedingt in GoogleMaps „Viminacijum“ (!) eingeben, dann findet man auch gut hin. Und nicht irritieren lassen, dass man zuerst durch ein kalorisches Kraftwerk hindurchfährt und dann eine kleine Weile durch Felder bis man endlich das Ausgrabungsgelände erblickt.