Was stellt man sich unter einem „Glasmuseum“ vor?
Erwartet habe ich ein Museum mit Ausstellungsstücken und erklärenden Texten zur Glasherstellung und –geschichte. Immerhin definiert sich ein Museum laut ICOM-Richtlinien als eine Einrichtung, die sich dem Bewahren, Erforschen, Erhalten und Ausstellen/Vermitteln verschrieben hat – wobei erfreulicherweise in den letzten Jahren gerade dem Vermitteln immer mehr Beachtung geschenkt wurde. Aus den hehren Geschichtstempeln, in denen Besucher staunend und schweigend durch die Räume zu wandeln hatten, wurden Freizeitbetriebe mit Bildungsauftrag.
Das Glasmuseum in Weigelsdorf
Mein Besuch im Glasmuseum war aufgrund der obigen Erwartungshaltung dementsprechend enttäuschend. Es gibt mehrere Ausstellungsräume, in denen verschiedene Aspekte der Glasherstellung mit Gläsern und anderen Objekten angedeutet werden. Dazu gibt es sehr kurze, nur deutschsprachige Wandtexte. Interessiert hätte mich, woraus Glas eigentlich genau hergestellt wird, seit wann es Glas gibt, wie sich Glas definiert etc. Das kam meines Erachtens viel zu kurz und war eher „abstakt“ dargestellt. Beispielsweise wurde in einem Satz erwähnt, dass Glas aus Sand besteht, woraufhin jener Raum als Wüste eingerichtet ist. Der nächste Raum symbolisiert einen Wald als Zeichen dafür, dass zur Glasherstellung Feuer nötig ist und die Glashütten demnach im Wald angesiedelt waren. Die Eislandschaft veranschaulicht, wie es Glas bei etwa 500 Grad ergeht.
Die Inszenierung war durchaus gelungen (Wald, Eis, Lava), doch mir persönlich wurde für dieses Preis-Leistungsverhältnis nicht genug geboten (ohne NÖ-Card kostet der Eintritt 7€ für Erwachsene bzw. 5€ für Kinder ab 7 Jahren). Historische Informationen fehlen völlig, ebenso wie (alte) Maschinen zur Glasherstellung. Deutlich passender wäre demnach eine Bezeichnung als „Glas-Erlebniswelt“. In jedem Fall wären haptische Stationen wünschenswert, in denen Glasobjekte auch berührt werden dürfen (wäre durch 2. Wahl-Ware oder Fehlbildungen kostengünstig möglich). Bei jedem Objekt steht „Bitte nicht berühren“. Doch gerade das haptische Begreifen wäre ein Gewinn, da die ausgestellten Gläser über verschiedene Oberflächen verfügen. Ein Vermittlungsprogramm (Führung) wird im Glasmuseum nicht geboten, zu bestimmten Terminen gibt es jedoch Workshops und Kurse.
Meines Erachtens ist dieser Betrieb demnach kein Museum. Vielmehr handelt es sich um ein Geschäft mit Glasprodukten, welches überdies ein Kaffeehaus und eine Ausstellungsfläche betreibt. Der Name verspricht also etwas, das die Institution nicht halten kann. Das bedeutet nicht, dass die ausgestellten und zum Verkauf stehenden Gläser nicht sehenswert sind. Es wird nur eine Erwartungshaltung geschürt, die zumindest in meinem Fall enttäuscht wurde.
Fazit: Wenn man weiß, was einen erwartet, dann rentiert sich ein Besuch durchaus. Interessant klingen die künstlerischen Workshops und Kurse.
davdn
Präsentation/Ausstellung
2.20
Vermittlung
0.70
Freundlichkeit Personal
1.30
Facilities/Service
7.00
Preis-/Leistungsverhältnis
1.90
Meiner Ansicht mehr ein Marketinggag statt eines Museums – der Fokus liegt darauf, Gusto auf Kaufware zu machen.
Mit dieser falschen Erwartungshaltung erhält der Besuch einen unangenehmen Nachgeschmack.
Jaqueline Pirker
Präsentation/Ausstellung
10.00
Vermittlung
10.00
Freundlichkeit Personal
10.00
Facilities/Service
10.00
Preis-/Leistungsverhältnis
10.00
Meiner Ansicht nach ein mehr als gelungenes Museum! Stundenlang kann man hier verweilen und immer wieder etwas neues entdecken! Seit neuestem ist jetzt auch der Palmkronenweg begehbar und somit eine weitere Galerie zu sehen. Mein Sohn hat vor Weihnachten seine Geschenke aus Glas selbst gemacht – die Freude bei ihm, sowie bei den Beschenkten ist noch immer in den Augen zu sehen!
Einfach Toll und eine Bereicherung für die Umgebung. Bitte weiter so!!!
archaeologos
Liebe Jaqueline Pirker,
Vielen Dank für Dein Kommentar und Deine Bewertung, die ich sehr schätze.
Genauso soll es sein, jeder hat andere Eindrücke von seinem Kulturbesuch und ich freue mich, dass Deine Erfahrung eine ganz andere war als meine.
Vielleicht lese ich ja wieder einmal von Dir bei den anderen Ausstellungsrezensionen.
Würde mich freuen!
Schönes neues Jahr und herzliche Grüße, Claudia