Kaum hatten wir unser Gepäck im Hotel Serena verstaut, ging es auch schon per Metro zur Station Colosseo. Der erste Programmpunkt unserer 5-tägigen Romreise war die Domus Aurea. Seit vielen Jahren steht der Besuch des sog. Goldenen Hauses des Kaisers Nero auf meiner To-Do-Liste. Nun war es endlich soweit:
Die Domus Aurea
Nachdem die Domus Transitoria bei dem großen Brand 64 n. Chr. zerstört wurde, errichtete Kaiser Nero (37–68 n. Chr.) direkt auf den verbrannten Ruinen einen prachtvollen Palast von ca. 80 ha Größe. Sueton berichtet in de Vita Caesarum Nero 31 sehr genau über das Aussehen dieser Residenz, die sich über die drei Hügel Palatin, Esquilin und Caelius erstreckte. Sie bestand aus zahlreichen Räumen mit Kryptoportiken, Säulenhallen, Repräsentationsräumen, Bädern, Gärten und auch einem künstlich angelegten See. Überall kamen nur kostbarste Materialien zur Anwendung wie Marmorverkleidungen und sogar Edelsteine und Blattgold waren in den Malereien und Stucken verarbeitet. Den Bau seines Palastes kommentierte Nero mit den Worten, endlich könne er leben wie ein Mensch.
Um seiner Selbstverherrlichung gerecht zu werden, stellte Nero eine 30–35 m hohe Kolossalstatue aus Bronze auf, welche Neros als Sonnengott Sol darstellte. Unter Vespasian wurde das Gesicht umgearbeitet, um die Erinnerung an den in Ungnade gefallenen Nero auszulöschen (damnatio memoriae). Hadrian ließ den Koloss mit 24 Elefanten zum flavischen Amphitheater transportieren, welches dadurch den Namen Koloseum trägt.
Im Jahr 104 n. Chr. begann der berühmte Architekt Apollodor von Damaskus mit dem Bau der Trajansthermen und benutzte die Überreste von Neros Palast als Unterkonstruktion für die Badeanstalt. Die Räume wurden mit Erde aufgeschüttet, die Mauern verstärkt und die Ausstattung zur Wiederverwendung geraubt. Dadurch verschwand die Domus Aurea unter der Erde. Erst im späten 15. Jahrhundert wurde sie wiederentdeckt und in zahlreichen Malereien festgehalten.
Das Projekt Domus Aurea
Seit Jahrzehnten präsentiert sich die Domus Aurea in sehr schlechtem Erhaltungszustand. Nur wenigen war es bisher vergönnt, die kurzen Zeitfenster zwischen „Neueröffnung“ und „wegen Restaurierung geschlossen“ zu nutzen. Seit 2010 war die Domus Aurea für den Publikumsverkehr gänzlich geschlossen, nachdem große Teile der Deckenkonstruktionen herabgestürzt waren. Ab 2014 war die Domus Aurea zumindest an den Wochenenden für Gruppen geöffnet. Im Zuge eines groß angelegten Restaurierungsprojektes wurde die Zugänglichkeit deutlich erhöht. Samstag und Sonntag finden nun für je 25 Personen mehrere Führungen in italienischer, englischer, spanischer und französischer Sprache statt. Allerdings muss man sich vorher das Ticket online bei Coopculture kaufen, wodurch man seinen Romaufenthalt dementsprechend planen sollte.
Geführt wird man von Archäologen, die einen Einblick in ihre Arbeit geben. Die Besichtigung ist also nicht mit einer klassischen Ausgrabungsstätte vergleichbar. Vielmehr wird man zum Teil des Projekts, weil man mit dem Kauf des Tickets auch gleichzeitig das laufende Crowdfunding-Projekt unterstützt. Die Domus Aurea präsentiert sich als Riesenbaustelle, für deren Besichtigung man sogar einen Helm aufsetzen muss. Immer wieder tropft es von der Decke, befindet sich direkt darüber doch ein großer Park. Eben jener Park mit Baumbestand ist der größte Feind des Palastes. Sein Gewicht, die Baumwurzeln und das dadurch eindringende Wasser schwächen die fast 2.000 Jahre alte Bausubstanz immens. In den folgenden Jahrzehnten ist die Entfernung dieses Parks und die Neubepflanzung mit dem Bau zuträglicheren Pflanzen ohne Tiefwurzler geplant.
Die Führung
In der etwa einstündigen Führung erkundet man gemeinsam mit dem Guide die nun unterirdisch gelegenen Gänge dieses riesenhaften Palastes. Obwohl das heutige Aussehen den Zahn der Zeit deutlich erkennen lässt, kann man sich den einstigen Glanz der Anlage bildhaft vorstellen. Unterstützt wird man durch einen Einführungsfilm, der auf die Ziegelwand projiziert wird. Im weiteren Verlauf gelangt man in einen Raum mit Sitzhockern und Virtual Reality-Brillen. Hat man diese aufgesetzt so beginnt ein Film, der den Raum, in dem man sitzt behandelt (= Saal mit der vergoldeten Decke). Blickt man mit der Brille im Raum umher, so erstrahlen die Wände und Böden im einstigen Glanz. Anschließend „geht“ man durch den Garten, sieht die Säulenhalle hinter und den künstlichen See vor sich. Die Technik ist wirklich ausgezeichnet umgesetzt, die Grashalme bewegen sich, während man durch den Garten „spaziert“, die Fenster werfen Schattenmuster auf den dekorativen Boden. Es stimmt wirklich jedes Detail (Hier gibt`s den Teaser).
Die Führung ist wirklich ein Erlebnis und jeder, der Rom einen Besuch abstattet, sollte sich diese Show nicht entgehen lassen. Durch die Helme und die Tatsache, dass man sich permanent unter Tage befindet in dunklen, nassen und kühlen Gängen, fühlt man sich wie ein Abenteurer. Als wäre man der erste, der dieses Terrain jemals betritt.
Wer nicht das Glück hat, die Domus Aurea demnächst persönlich zu besichtigen, dem seien noch fünf Videos ans Herz gelegt:
- Rekonstruktion der Innenräume der Domus Aurea
- Rekonstruktion der Außenanlagen der Domus Aurea
- Mini-Dokumentation über die Domus Aurea
- Ausschnitt des Einführungsfilmes am Beginn der Führung (Repubblica TV)
- Beitrag über die derzeitige Präsentationsform (Repubblica TV)
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Sabine
Super beschrieben. Man fühlt sich an den Ort versetzt.
davdn
Präsentation/Ausstellung
9.90
Vermittlung
9.70
Freundlichkeit Personal
8.00
Facilities/Service
7.10
Preis-/Leistungsverhältnis
9.90
Auch für Nicht-Archäologen sehr beeindruckend. Ein musst see!